Am 8. Juni um 19:00 Uhr eröffnet Ying-Li Lo die Reihe unserer Sommerkonzerte in der Frankenthaler Allerheiligenkirche.
Ying-Li Lo wurde in Taiwan geboren. Zunächst absolvierte sie ein Klavierstudium bei Thomas Steinhöfel an der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar. Anschließend studierte sie Cembalo, Generalbass und Historische Tasteninstrumente bei Bernhard Klapprott am dortigen Institut für Alte Musik mit den Abschlüssen Künstlerisches Diplom und Konzertexamen Cembalo sowie Master of Music Historische Tasteninstrumente (Clavichord, Fortepiano, Orgel) „mit Auszeichnung“. Ergänzend besuchte sie Meisterkurse für Cembalo und Generalbass bei Bob van Asperen, Kristian Nyquist, Giedrė Lukšaitė-Mrázková, Barbara Maria Willi u.a. Als Solistin sowie in verschiedenen Kammermusikformationen konzertiert sie auf Cembalo, Clavichord und Fortepiano z.B. bei den Tagen Mitteldeutscher Barockmusik, den Clavichordtagen der Deutschen Clavichord Societät, der Bach Biennale Weimar, in der Konzertreihe des Bachhauses Eisenach sowie Konzertreihen in Taiwan. Seit 2012 ist sie Lehrbeauftragte für Nebenfach und Korreptition Historische Tasteninstrumente am Institut für Alte Musik der Hochschule Franz Liszt Weimar und seit 2018 unterrichtet sie zudem an der Musik- und Kunstschule Jena.
Es wird erklingen Musik des 17./18. Jahrhunderts auf einem Flämischen Cembalo und auf einem Clavichord . Die Instrumente wurden in historischer Bauweise gebaut nach Originalen der Familie Ruckers aus Antwerpen (Cembalo) und Christian Gottfried Friederici aus Gera (Clavichord).
Das im heutigen Konzert verwendete Clavichord ist ein Nachbau zweier Vorbilder, die tatsächlich in Gera (1765 und 1772) entstanden sind und heute in Museen in Leipzig und Paris aufbewahrt werden. Gebaut hat sie Christian Gottfried Friederici, der wie sein Bruder Christian Ernst Friederici als Orgel-, Cembalo-, Hammerflügel- und Clavichordbauer bekannt war. In dieser Zeit, der „Empfindsamkeit“, war das Clavichord wegen seiner vielfältigen dynamischen Möglichkeiten besonders beliebt und kommt auch heutzutage wieder vermehrt in Gebrauch, weil sich die Musik aus dieser Epoche darauf besonders gut wiedergeben lässt. Es ist sicherlich auch dem musikalischen Zeitgeschmack geschuldet, daß das Clavichord hinter dem immer kräftiger werdenden Klavier und dem parallel entstehenden Konzertbetrieb in den Hintergrund trat, denn es ist ein leises
Instrument, das im größeren Raum kaum Chancen hat, hinreichend wahrgenommen zu werden. Dass nun gerade das menschliche Gehör viel präziser auf dynamische Schattierungen reagiert, wenn diese sich im leiseren Bereich abspielen, stand im Widerspruch zur Entwicklung. Dennoch hatte das Clavichord auch durch das 19. und 20. Jhdt. seine Liebhaber. Entstanden ist es bereits vor 1400, wie einer Beschreibung über seinen Gebrauch für den Minnesang zu entnehmen ist, die ein Ritter aus der Umgebung von Minden in dieser Zeit verfasst hat.
Ebenfalls in diesen Jahren ist die Zupf-Mechanik des Cembalos erfunden worden, und zwar von einem Wiener Arzt, Hermann Poll. Das Vorbild zum heute verwendeten Instrument ist 1645, also etwa 150 Jahre später entstanden, war in dieser Art aber auch
schon seit mindestens 80 Jahren bekannt. Seine Erbauer, die Familie Ruckers im flämischen Antwerpen fertigten solche Cembali in außergewöhnlich hoher Qualität in erstaunlich großen Stückzahlen. Hauptsächlich aus der regionalen Pappel und Eiche sowie dem Fichtenholz aus den Alpen, das den Rhein herauf geflößt wurde, haben sie diese Cembali gefertigt, die sie Europaweit an die besten Adressen vertreiben konnten. Aus heutiger Sicht ist der Tastenumfang dieses Cembalos eher klein und reicht eigentlich schon nicht mehr für manche Musik, die bereits 50 Jahre später, in Johann Sebastian Bachs Jugend in
Mode kam. Umso besser aber ist es dafür geeignet, die musikalischen Schätze seiner Epoche zu Gehör zu bringen, die auf einem späteren größeren Cembalo nicht annähernd mit der gleichen Kraft, dem gleichen Esprit zu realisieren sind.
Dietrich Hein | Instrumentenbauer Historische Tasteninstrumente | Oldenburg